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Eine Betrachtung zum Feldzug Napoleons gegen Russland bis Moskau vor 200 Jahren

Viele Bücher wurden über diesen Feldzug geschrieben, der mit der größten Armee der Geschichte von Napoleon unternommen worden war und die am Ende fast vollständig vernichtet wurde. In den meisten dieser Bücher berichteten überlebende Teilnehmer an diesem Todesfeldzug und geben einen bedrückenden Eindruck von den Strapazen, den Ängsten, von den Gewaltmärschen, Gefechten und Schlachten. Dies alles unter sengender Sonne, schlechtem Wetter und vor allem ohne ausreichender Verpflegung, Tausende fielen Hunger und Seuchen zum Opfer. Von Offizieren und Generälen zeugen viele Bücher einerseits von erzwungenen Erfolgen, andererseits auch von vielen Fehlern, die zu Mißerfolgen und schließlich zum ruhmlosen Ende der "Großen Armee" führten.

Daß dieser Marsch bis Moskau überhaupt gelingen konnte, ist nicht ausschließlich ein Erfolg der Franzosen, sondern vor allem der Rückzugstaktik der Russen zu verdanken, die mit wenigen Ausnahmen eine Entscheidungsschlacht vermeiden wollten und die unendliche Weite nutzten, wohl wissend, daß der Nachschub französischen Armee immer weniger funktionieren würde, was auch wirklich eintrat.

Es ist in Fachkreisen umstritten, ob diese Rückzugsstrategie gewollt war oder sich so ergeben hatte, weil man eine Entscheidungsschlacht gegen die geballte Macht der Franzosen nicht gewinnen hätte können. Ich bin in militärischen Dingen ein unerfahrener Laie und maße mir nicht an, allen Experten ins Handwerk zu pfuschen. Ich möchte nur auf einen Mann, einen Deutschen, hinweisen, der es in Russland zu höchsten Ehren gebracht und im Jahre 1809 mit einer 130seitigen Schrift unter anderem eben diese Rückzugsstrategie vorhergesagt hat, die dem Zaren Alexander I. vorgelegt wurde. Der Rückzugsgedanke hatte mehrere Väter, von denen jeder der erste gewesen sein will, der den Vorschlag eines Rückzugsgefechtes ins Gespräch brachte. Kankrin war immerhin der erste, der diesen Gedanken der Öffentlichkeit in gedruckter Form präsentierte.

Den vollständigen Text finden Sie unter dem nachfolgenden Link:

Eine Betrachtung zum Feldzug Napoleons gegen Russland bis Moskau als PDF Datei 

 

 

 

Aus Anlaß des 71. Jahrestages des unseligen Pogroms gegen die Juden im Deutschland unter der Naziherrschaft, der so genannten „Reichskristallnacht“ in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, das durchaus kein Ruhmesblatt in unserer Geschichte darstellt und aus dem Anlaß des Geburtstages von Friedrich Schiller, der sich am 10. November zum 250. Male jährt und in dessen großem Lebenswerk immer die Freiheit im Vordergrund stand, möchte ich mit der Gegenüberstellung von dik- tatorischer Unfreiheit und Forderung nach Frieden und Freiheit den Weg zum 9. November 1989 deutlich machen.

 

Höhern Sieg hat der errungen
Der der Wahrheit Blitz geschwungen,
Der die Geister selbst befreit
Freiheit der Vernunft erfechten
Heißt für alle Völker rechten
Gilt für alle ewge Zeit.

 

9. November 1938

Der Anfang vom Ende

…. Darin hat Hitler wohl Wort gehalten, Privateigentum, wurde nicht angegriffen. Man konnte, wie in unserem Fall, ein Geschäft gründen und es unbehelligt führen. Voraussetzung war, man hielt den Mund. Ein falsches Wort und alles wäre vorbei gewesen.

Und „arisch“ mußte man sein. Wer es nicht war, wurde unbarmherzig verfolgt, erniedrigt und später auf unmenschliche Weise umgebracht. Auch hier hatte Hitler sein Wort gehalten. Schon von Anfang an war sein Programm von Rassenhaß und Antisemitismus geprägt.

Der Kinderarzt, zu dem meine Mutter mit mir immer ging, hieß Dr. Schmal. Er war ein so netter Arzt, daß ich mich jedes Mal auf ihn freute, wenn meine Mutter zu mir sagte, heute gehen wir zu Dr. Schmal.

Auf meine Tante Berta, die Schwester meiner Mutter, schien er ein Auge geworfen zu haben. Als ich einmal Diphterie hatte und Tante Berta mich pflegte, kam er jeden Tag, um nach mir zu sehen. Sagte er!

Es wurde jedoch nichts daraus Eines Tages war er verschwunden, es hieß, er sei nach Amerika ausgewandert, er war Jude

Den 10. November 1938 werde ich nicht vergessen. Schon in der Nacht zuvor war es unruhig auf den Straßen. Am andern Morgen, auf dem Weg zur Schule, sah ich den Grund. Die Brunnenstraße, in der meine Schule lag, war mit Glasscherben übersät. Im kleinen Kaufhaus Woha, in dem ich immer meine Schulhefte kaufte, waren die Scheiben eingeschlagen, das Geschäft geplündert. An der Wand klebten Plakate in deutscher und in jüdischer Schrift: „Dies ist ein jüdisches Geschäft.“ Dasselbe an der benachbarten Kleiderfabrik und an verschiedenen anderen Geschäften.

Plötzlich rief jemand: „Die Synagoge brennt!“ Ich wußte nicht, was das war, rannte aber mit meinen Freunden sogleich dorthin, einfach den anderen Menschen nach .

Wir sahen rauchende Trümmer, die Menschen standen stumm da. Ich drängte mich nach vorne und sah, wie SA- Leute einen Tresor anschleppten. Ein Flaschnermeister aus der Nachbarschaft, ich kannte ihn gut, er war Stammgast bei uns, wurde geholt.

Er mußte den Tresor aufschweißen. Hohnlachend entnahmen ihm die SA-Leute, wenn ich mich recht erinnere, goldene Kelche, Ketten, auch Münzen, Bücher.

Was ich dabei empfand, ich war ja erst 9 Jahre alt, das weiß ich heute nicht mehr. Nur daß es ein bedrückendes Unrecht war, das spürte man an der Stimmung der Menschen. Schweigsam standen sie herum. Auch in der Schule sprachen wir nie über dieses Erlebnis.

Es war die berühmt-berüchtigte „Reichskristallnacht“.

Ich bin im Besitz einer Tageszeitung, in der frech behauptet wird, es war „Ausdruck des Volkzorns.“

Ich weiß es besser.

Die Juden waren schon immer ein besonderes Volk. In vielen Ländern wurden sie Jahrhunderte hindurch verfolgt, isoliert, es gab Pogrome gegen sie. Daß man aber aus maßlos übersteigertem Rassenhaß, dazu in deutschem Namen, Millionen von ihnen umbringt, das durfte nicht sein und wird mit Recht für immer uns Deutschen angelastet. Nur muß die Frage gestattet sein: Hat die Menschheit aus all dem gelernt?

Eines Tages, ich glaube, es war auch 1938, stand in der Zeitung: Der „Führer“ kommt nach Stuttgart! Ich wollte Hitler unbedingt sehen und überredete meinen Vater, es zu erlauben. Er gab widerwillig nach, er mochte ihn aus bestimmten Gründen nicht. Da er mich in der zu erwartenden Menschenmenge nicht allein lassen wollte, ging er mit. Er fand für mich einen Platz auf einem Fenstersims eines Bankgebäudes in der Königstraße, der Hauptgeschäftsstraße Stuttgarts. Ich erinnere mich noch an die ungeheuer vielen Menschen, es waren Zigtausende. Auf einmal in der Ferne ein Riesengeschrei. Er kam. Hochaufgerichtet, in altbekannter Pose stand er in seinem großen Mercedes, die Menschenmassen reckten die Hände zum „Hitlergruß“ und brüllten: „Heil, Heil!“ Ich natürlich auch. Mir blieb noch gut in Erinnerung, daß mein Vater meine Beine umklammert hielt, als könnte ich jeden Moment herunterfallen. Warum wohl?

Ansonsten waren es schon unruhige Zeiten. Erst wurde das Hitlerregime durch die Olympiade aufgewertet, gleich darauf „übte“ Hitler schon mal den Krieg, als er dem Francoregime in Spanien zu Hilfe kam. Es geschah alles folgerichtig, genau so, wie es Hitler in seinem fürchterlichen Buch „Mein Kampf“ gleich auf der allerersten (!) Seite geschrieben hatte:

„Deutschösterreich muß wieder zurück zum großen deutschen Mutterlande, denn gleiches Blut gehört in ein gemeinsames Reich. Das deutsche Volk besitzt so lange kein moralisches Recht zu kolonialpolitischer Tätigkeit, solange es nicht einmal seine eigenen Söhne in einen gemeinsamen Staat zu fassen vermag. Erst wenn des Reiches Grenze auch den letzten Deutschen umschließt ohne mehr die Sicherheit seiner Ernährung bieten zu können, ersteht aus der Not des eigenen Volkes das moralische Recht zur Erwerbung fremden Grund und Bodens. Der Pflug ist dann das Schwert und aus den Tränen des Krieges erwächst für die Nachwelt das tägliche Brot. “

Das war deutlich genug und nun stand der Krieg vor der Tür.

(Auszüge aus meinem Buch „Lebendige Ahnen, Die Geschichte der Russlanddeutschen, neu erzählt am Beispiel der Familie Walter.“)

Gerhard Walter

 

 

Diesen Artikel über Schiller schrieb ich für die erste Ausgabe der Buchreihe unseres „Historischen Forschungsvereins der Deutschen aus Russland“, den wir 1999 gegründet haben. Der Titel dieses ersten Buches war „Almanach 200/2001“ und ist für € 15.—noch erhältlich. (Nähere Angaben s. Inhaltsverzeichnis unter „Mein Buch“ ).

Dieses Jahr wird in Marbach a. N., dem Geburtsort Schillers, und in meiner Heimatstadt Ludwigsburg der 250. Geburtstag von Schiller groß gefeiert. Aus diesem Anlaß bringe ich an dieser Stelle meinen bereits veröffentlichten Artikel. Ich meine, er passt genau zum Thema dieser Webseite.

Eine Glocke für Schiller

„Friede sei ihr erst Geläute“

 


So endet Schillers Lied von der Glocke, an dem sich ganze Generationen von Schulkindern die Zähne ausgebissen haben. Ob sie aber dessen Bedeutung begriffen haben?

Schiller schrieb dieses Gedicht auch unter dem Eindruck der Folgen der französischen Revolution und der Kriege des Emporkömmlings Napoleon, der sich anschickte, ganz Europa mit Krieg zu überziehen und zu beherrschen. Und es drückte die Sehnsucht der Menschen nach Frieden und Eintracht aus.

Dieser Wunsch nach Eintracht verstärkte sich in der weiteren Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts immer mehr in Deutschland, das diesen Namen noch nicht verdiente, es war zerrissen in viele Einzelstaaten, Fürstentümer, Grafschaften.

Ausgerechnet in Moskau (1812) begann sich das Kriegsglück Napoleons zu wenden, er wurde vernichtend geschlagen, seine „Verbündeten,“ begannen sich von ihm abzuwenden, vereinigten ihre Armeen mit denen Russlands und Österreichs und gaben ihm den Todesstoß in der Völkerschlacht bei Leipzig. Als Befreiungskriege gingen die Feldzüge in die Geschichte ein, selbst russische Truppen nahmen an der Besetzung von Paris teil.

Nach mehrmaligem Aufbäumen war Napoleon am Ende, wurde nach der Insel Helena verbannt und Europa begann sich neu zu ordnen.

Auf Deutschland bezogen, bedeutete dies, daß auf dem Wiener Kongreß im Jahre 1815 der Deutsche Bund geschaffen wurde, ein loser Zusammenschluß von 34 Einzelstaaten zu einem Staatenbund. Von einem zentral gelenkten Nationalstaat war dieses Gebilde noch weit entfernt.

Aber der Wunsch nach solch einem einheitlichen und souveränen deutschen Staat hatte sich in den Köpfen weiter Kreise in allen deutschen Staaten festgesetzt. Liberalismus war zum Schlagwort geworden. Man wollte die absolute Macht der Fürsten brechen, die Freiheit des Individuums sollte Vorrang haben und man erstrebte eine Verfassung nach angloamerikanischem Muster.

1848 wurde eine von bürgerlich - liberalen Kreisen ausgehende Revolution versucht mit anfänglichen Erfolgen wie Errichtung eines gesamtdeutschen Parlaments, ja dem preußischen König wurde sogar die deutsche Kaiserkrone angeboten, die dieser aber ausschlug. War auch besser so, er war psychisch angeschlagen.

Anfängliche Zugeständnisse der herrschenden Monarchen wurden bald wieder zurückgenommen, es gab Kämpfe mit Toten, am Ende blieb alles beim alten.

Der Fortschritt ließ sich jedoch nicht aufhalten, die Industrialisierung verlangte nach neuen Ideen, umwälzende Erfindungen wurden laufend gemacht und allein die Erfindung der Dampfmaschine und die daraus entwickelte Eisenbahn konnte den explodierenden Warenverkehr bewältigen. Schon aus diesem Grunde wurde 1834 ein deutscher Zollverein gegründet, ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur endgültigen Gründung eines Deutschen Reiches.

In diesem Ringen um den besseren Weg, zu dem sich noch die Thesen eines Karl Marx gesellten, der das durch die Industrialisierung und damit verbundenen Landflucht entstehende Proletariat befreit sehen wollte, mußte Friedrich Schiller als Leitfigur seinen Namen hergeben. Die verschiedensten Strömungen vereinnahmten ihn und machten Teile seiner Werke zu Schlagworten und legten sie zu ihren Gunsten aus. Dabei finden sich bei ihm auch mahnende Worte, um nur zwei davon zu nennen:

 

Es reden und träumen die Menschen viel

Von bessern und künftigen Tagen

nach einem glücklichen, goldenen Ziel

sieht man sie rennen und jagen.

Die Welt wird alt und wieder jung

doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

 

 

 

 

Große Monarchen erzeugtes du und bist ihrer würdig

den Gebietenden macht nur der Gehorchende groß

Aber versuch es, o Deutschland

Und mach s deinen Beherrschern schwer

Als Könige groß, leichter, nur Menschen zu sein.

 

 

 

Je näher der Hundertste Geburtstag Schillers heranrückte (1859), um so mehr artete der Schillerkult aus. Heute würde man Fanartikel und Souvenir dazu sagen, aber schon damals gab es Schillerbonbons, Schillerbackwerk (Schillerlocken gibt es heute noch), Schillertassen und Teller, Schillerbüsten in allen Variationen und vieles mehr. Allerorten wurden Schillerdenkmale aufgestellt und feierlich mit hochtrabenden Worten enthüllt. *

In der Leipziger „Illustrierten Zeitung vom 12. Dezember stand darüber geschrieben:

 

„Die Schillerfeiern in ganz Deutschland galten nicht bloß dem Gedächtnis des großen Toten, sie galten nicht bloß der Vergangenheit, sondern auch dem Sehnen der deutschen Gegenwart und der Hoffnung auf die Zukunft. Der Name Schiller ist das Symbol, das Wort für die deutsche Einheit.“

 

Diese Schillereuphorie griff nicht nur in den deutschen Landen um sich, sie schwappte auch über die Grenzen hinweg überall hin ins Ausland, wo es deutsche Gemeinden gab.

So auch nach Russland. In russischen Städten hatten sich bereits seit dem Mittelalter deutsche Gemeinden etabliert, in Moskau eine ganz besondere. So waren besonders im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert ausländische, vor allem westeuropäische Experten in Russland willkommen. Das russische Reich hatte sich nach Osten und Südosten ausgedehnt. Man führte Kriege, Bodenschätze wurden gefunden und mußten ausgebeutet werden. So kamen Militärs, Waffenmeister, Ärzte, Apotheker, Bergwerksfachleute und auch Handwerker aller Art. Es war nur natürlich, daß diese große Zahl von Menschen sich in solch einer fremden Umgebung absonderte und sich so z. B. im Stadtgebiet von Moskau allmählich ein eigener Stadtteil entwickeln konnte, Sloboda genannt. Oder auch deutsche Vorstadt, denn das deutsche Element überwog. Während die Häuser der Russen vorwiegend aus Holz und daher leicht brennbar gebaut waren, entstanden hier Steinhäuser in großer Zahl.

Peter I., der selbst gern in der Sloboda verkehrte, erließ 1702 sogar ein Manifest und warb in Westeuropa um Fachleute. Er brauchte sie zum Ausbau einer Infrastruktur, eines besseren Verkehrswesens, einer schlagkräftigeren Armee und einer Kriegsflotte, für die allerdings noch kein geeigneter Hafen vorhanden war. Der mußte erst mal gebaut werden, auch dazu wurden europäische Baumeister gebraucht. Sie waren maßgeblich daran beteiligt, daß das in ein Sumpfgebiet hineingebaute St. Petersburg fast vollständig nach westlichem Muster ausgerichtet wurde.

Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wohnten in der „Sloboda“ ca. 30 000 Deutsche, sie hatten eigene Schulen, stattliche und reich geschmückte Kirchen, unterhielten allerlei Vereine.

* Anton Pärn: Die ersten Schillerdenkmäler stehen in Estland.

Man hatte zu unterscheiden zwischen den Deutschen, die in russischen Diensten standen und dies teilweise schon seit ein oder zwei Generationen und solchen, die hier ihren Geschäften nachgingen und teilweise nicht die Absicht hatten, sich für ständig hier niederzulassen.

Solche Geschäftsleute, die natürlich regen Schriftverkehr mit ihrer Heimat hatten, auch von dort mit Zeitungen und Büchern versorgt wurden, konnten so genau die Entwicklung dort beobachten und es gab nicht wenige begeisterte Schillerverehrer unter ihnen.

Sie gründeten einen Verein zu Ehren Schillers und dachten sich zum hundertjährigen Geburtstag Schillers im Jahre 1859 etwas ganz Besonderes aus. Sie veranstalteten unter den Geschäftsleuten in Moskau eine Sammlung, ließen hier in Moskau mit dem Erlös eine 25 Zentner schwere Glocke gießen und vermachten sie der Stadt Marbach am Neckar, dem Geburtsort Schillers.

Bei der Feier zu Schillers 100jährigem Geburtstag in Marbach, die natürlich in besonders feierlichem Rahmen abgehalten wurde, verlas der Vorsitzende des Schillervereins und Bürgermeister Sigel ein Schreiben, das an diesem Tag aus Moskau eingetroffen war:

„An die geistlichen und weltlichen Vorstände der Stadt Marbach.

Hochehrwürdige, hochgeehrte Herren!

 

Zieht der Deutsche in die Ferne, so nimmt er wie die Colonnen des alten Hellas vom heimatlichen Herde das heilige Feuer vaterländischer Bildung und Gesittung mit und vererbt es als sein theuerstes Gut Kindern und Enkeln zur sorglichen Pflege.

... ein Jahrhundert ist über die Welt gerauscht, seit dieses Doppelgestirns glänzender Stern im deutschen Lande aufging, der nationalste unserer Dichter, Friedrich Schiller, im sängerreichen Schwaben geboren ward. Der Jubel, von dem am 10. November dieses Jahres Deutschlands Gauen erbeben, zittert begeisternd auch in den deutschen Bewohnern der alten Slavenstadt Moskau nach.

Ihrem Stammland ein schwaches Zeichen ihrer Pietät darzubringen, haben sie einhellig beschlossen, die Glocke, die der Dichter sang und mit dem Namen „Concordia“ taufte, auch plastisch zu gestalten, mit diesem Zeichen ihrer Verehrung eine Kirche der Stadt zu schmücken, in welcher Schillers Wiege stand.

Noch nicht vollendet im Gusse, kann sie leider ihre erste Bestimmung, das große allgemeine Nationalfest einzuläuten, nicht erfüllen. Kommt sie daher auch verspätet, erst wenn bereits der Festjubel verklungen ist, so bitten wir sie doch, hochgeehrte Herren, diese Gabe unserer Liebe freundlich aufzunehmen, einstweilen aber an dem Jubeltage das beifolgende Abbild unserer Glocke als Votivtafel der fernen Stammgenossen in dem Tempel aufzuhängen, den sie zu schmücken bestimmt ist. Möge sie selbst dann später über des Vaterlandes gesegnete Fluren weithin tönend verkünden, daß dem edelsten der Söhne Marbachs, dem edelsten Sänger Deutschlands auch in der kalten Fremde feurig alle Herzen schlagen. Möge sie durch ihren Namen daran mahnen, was dem Vaterlande nottut:

 

Und dauern auch in späten Tagen,

Und rühren vieler Menschen Ohr,

Sie mög´ mit den Betrübten klagen,

und stimmen zu der Andacht Chor.

Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine

Versammle sich die liebende Gemeine.

Unsern theuern Landsleuten in der Heimat Schillers freudigen Gruß und Glückwunsch.

Comite zur Feier des 100jährigen Geburtstages Schillers in Moskau:

J.Völkel, R. Zimmermann, C. Knierim, V. Salemann, L. Kupfer, f.Gebauer, Ph. L. Adam,

G. Achenbach.“ *

 

* Dem Dichter ein Denkmal

Dieser Brieftext soll deshalb so ausführlich wiedergegeben werden, um deutlich zu machen, in welcher euphorischen und nationalen Sprache zu dieser Zeit Schiller zur Erreichung einer nationalen Einheit vereinnahmt wurde.

Zugleich wurden 400 Gulden für eine Stiftung zum Unterhalt der Glocke zur Verfügung gestellt.

Die Stiftungsurkunde hatte folgenden Wortlaut:

„Um das Andenken des allhier am 11. November geborenen großen deutschen Dichters Friedrich Schiller zu ehren und um dessen Geburtstag nach Ablauf eines Jahrhunderts würdig zu feiern, haben zu Anfang des Jahres 1859 die in Moskau wohnenden Deutschen einen Verein gebildet.

Zur Erhöhung dieser hundertjährigen Jubiläumsfeier hat das Comite dieses Vereins den geistlichen und weltlichen Vorständen der Stadt Marbach mittelst Zuschrift vom Oktober 1859 die Stiftung einer Glocke verheißen um mit diesem Zeichen ihre Verehrung unseres nationalsten Dichters eine Kirche der Stadt zu schmücken, in welcher seine Wiege stand. Diese Glocke wird in wenigen Tagen bei uns anlangen und sofort zum Gebrauche auf den Thurm der St. Alexanderkirche gebracht werden, wozu das Moskowitische Comite in zuvorkommenster Weise gleichfalls die Mittel bietet.

Im Geiste der Widmung dieser Glocke hat das Moskauer Schillercomite durch sein Mitglied, Herrn R. Zimmermann, Direktor einer Gymnasialanstalt in Moskau den Wunsch ausgesprochen, daß diese Glocke am Geburts - und Todestage Schillers eine Stunde lang geläutet werde, und um dieses bewerkstelligen zu können haben mehrere Mitglieder dieses Comites, an deren spitze Herr Hermann Achenbach, Banquier, hier in Moskau ein Capital von 400 Gulden gestiftet, damit aus dem Ertrag derselben ein Mann belohnt werde, der die Verpflichtung übernehme, diese Glocke, so oft es verlangt werde, insbesondere aber an den beiden Schillergedenktagen zu läuten oder läuten zu lassen.

...vorstehendes haben wir in duplo ausgefertigt, um ein Exemplar zu Händen des Herrn Achenbach zu stellen und das andere hier aufbewahren zu können, auch zur Bekräftigung unsere Unterschriften beigefügt.

 

Es folgen die Unterschriften des Stiftungsrates der Stadt Marbach.“ *

Am 15. August 1860 war es dann soweit. Die gestiftete Glocke wurde vom Ludwigsburger Bahnhof abgeholt und unter reger Anteilnahme der Bevölkerung auf einem reich geschmückten Vierspänner nach Marbach und zur Alexanderkirche gebracht. Am 11. November 1860, dem Geburtstag von Schiller, wurde sie geweiht und läutete zum ersten Male.

Sie war reich verziert mit umlaufenden Girlanden von Eichenblättern, in der Mitte prangte ein Portrait Schillers und darunter die Inschrift: „Zur Eintracht, zum herzinnigen Vereine, versammle sich die liebende Gemeine.“ Auf der gegenüberliegenden Seite stehen in einem aufgeschlagenen Buch die Worte: „Vivos vocos, mortuos plango“ und darunter die Inschrift: „Der Heimat Schillers von dessen Verehrern in Moskau, den 10. November 1859.“

Im Jahre 1861 wurde in einer Sitzung des Stiftungsrates beschlossen, daß „ ... da nun das Kirchengeläute in der Stadtkirche wegen der vorhandenen kleinen Glocken ein sehr schwaches ist, so daß je nach der Windrichtung in den entfernteren Stadtteilen oder den tiefergelegenen, das Kirchengeläute teils kaum, teils gar nicht gehört wird, so wurde in der Gemeinde der allgemeine Wunsch laut, es möchte diese neue Glocke auch zu den Sonntagsdiensten geläutet werden und auch auf Verlangen der Hinterbliebenen bei den Begräbnissen benutzt werden.“

So wurde ein edles Geschenk der deutschen Schillerfreunde in Moskau auch noch einem praktischen Zweck zugeführt

 

* Stadtarchiv Marbach a. N.

 

 

 

Auch eine Weihnachtsgeschichte

Im April 1941 erhielt mein Vater einen Gestellungsbefehl zur Wehrmacht. Er war schon 44 Jahre alt, dabei es war nicht üblich, daß ein Mann in diesem Alter und ohne jede militärische Ausbildung eingezogen wurde. Er wurde in eine Kaserne bei Berlin befohlen und wen fand er dort vor? Alle Brüder meiner Mutter und alle russlanddeutschen Freunde aus dem VDR (Verband der Russlanddeutschen).

Sie brauchten nicht lange herumzurätseln, weshalb sie gerade hier zusammengerufen worden waren. Obwohl sie alle gut russisch sprachen, bekamen sie einen zusätzlichen Intensivkurs in Russisch und blieben dafür von der militärischen Grundausbildung befreit. Alle waren sie über 40 Jahre alt.

Am 21. Juni 1941 war es soweit. Der deutsche Überfall auf Russland begann mit schnellem Vormarsch. Riesige Mengen Kriegsmaterial wurde erbeutet und hunderttausende von Kriegsgefangenen gemacht.

Dazu brauchte man Dolmetscher.

Die hierfür geeigneten Leute konnte man nur unter den Russlanddeutschen rekrutieren. Ihre Adressen waren für den Staat einfach ausfindig zu machen. Ein wenig Druck auf den Verein genügte. Wer sollte sich dem auch widersetzen?

Sie durften sich „Sonderführer“ nennen, bekamen Uniformen im Unteroffiziersrang und wurden vor allem bei Verhören der Kriegsgefangenen eingesetzt.

So auch mein Vater. Er mußte in großen Gefangenenlagern dolmetschen und hilflos viel Elend und Ungerechtigkeiten mit ansehen. Er hatte aber Glück und wurde zum Jahresende in ein kleines Gefangenenlager abkommandiert. Es befand sich in einem Dorf nahe Magdeburg und war untergebracht in einem größeren Anwesen neben einem Gasthof, in dem mein Vater ein kleines Zimmer bewohnen durfte. Welch ein Privileg, während andere an der Front darben mußten.

 

Es waren etwa 150 Gefangene, die auf den Feldern eines großen Rittergutes arbeiten mußten. Sie wurden nicht bewacht, als Lagerleiter fungierte ein Feldwebel.

Weihnachten 1941 besuchten meine Mutter und ich dort meinen Vater. Es war kalt und es lag viel Schnee auf den Feldern. Bald hatte ich Freunde, darunter auch den jungen Grafen, Sohn des Rittergutsbesitzers, Graf von Alvensleben. Mit ihm war ich besonders gut befreundet und lernte durch ihn viel in der Natur. Oft streiften wir durch den großen Schloßpark und beobachteten allerlei Wildtiere. Und meine Mutter wurde von der Gräfin fast jeden Tag zum Kaffee eingeladen, am zweiten Weihnachtsfeiertag auch mein Vater und ich.

Mein Vater muß bei den Gefangenen sehr beliebt gewesen sein, ich konnte dies durch einige Beobachtungen feststellen. Zu Weihnachten zum Beispiel bekam er von ihnen viele kleine Geschenke. Ich erinnere mich, daß darunter ein Paar handgearbeitete Stiefel aus feinstem Leder waren, wie sie bestimmt noch kein so hoher Offizier besaß. Es ist mir heute noch unerklärlich, woher sie das Material nahmen.

 

Ein Erlebnis ist mir in Erinnerung geblieben.

Ich hielt mich wieder einmal im Lager auf und, neugierig wie ich war, steckte ich überall meinen Kopf hinein. An viele Einzelheiten kann ich mich noch erinnern. Besonders daran, wie aufgeräumt und sauber alles war. Die Betten waren sauber gemacht, man konnte kaum einen Unterschied zu unseren Kasernen feststellen. Auf einem selbstgebauten Herd durften die Gefangenen kochen, auf langen Tischen waren Blechnäpfe und Besteck in Reih und Glied angerichtet, für ein Gefangenenlager gar nicht so selbstverständlich. Und auch ein selbstgeschmückter Tannenbaum durfte nicht fehlen. Man kann sich gut ausmalen, wer hier dahintersteckte ! Das nebenstehende Foto von drei Gefangenen machte ich mit einem geliehenen Fotoapparat.

Sehen sie nicht gut genährt aus gegenüber den ausgemergelten Gestalten in den übrigen, „normalen“ Gefangenenlagern?

Bei solchen Streifzügen durch das Lager blieben mir auch andere Dinge nicht verborgen. Einmal wurde ich Zeuge eines Vorfalles, bei dem der „Lagerkommandant“ einen Gefangenen mißhandelte. Der Feldwebel sagte etwas zu einem der Gefangenen, was dieser offensichtlich nicht verstand. Mein Vater war gerade nicht in der Nähe, sonst wäre nicht geschehen, was ich mit ansehen mußte. Der Feldwebel sagte noch einmal etwas zu dem Gefangenen. Als er wieder keine Antwort bekam, nahm er einen daliegenden Reisigbesen in die Hand, tauchte ihn ins kalte Wasser eines Brunnens und schlug ihn dem Russen ins Gesicht.

Ich konnte nicht anders, ich erzählte dies meinem Vater. Wie dieser sich anschließend den Feldwebel vorknöpfte und ihn vor den Gefangenen abkanzelte und anschrie, das werde ich nie vergessen. So außer sich habe ich meinen Vater noch nie gesehen.

Das Idyll in Neugattersleben, so hieß das Dorf, dauerte nicht sehr lange. Im Frühjahr 1942 wurde er nach Russland abkommandiert. Zu einer Einheit hinter dem Nordabschnitt der Front.

Was ich hier erzähle, entspricht den Tatsachen und ist eine Weihnachtsgeschichte der besonderen Art, denn solch ein Gefangenenlager gab es unter Tausenden anderen bestimmt kein zweites Mal. Wie es mit dem Lager nach der Abkommandierung meines Vaters weiterging, ist nicht bekannt.

Was in den Hirnen der Gefangenen über diese Behandlung vorging, läßt sich denken. Wenn sie aber nach ihrer „Befreiung“ wieder zurück in die damalige Sowjetunion kamen und sich statt in Ihrer Heimat in Sibirien in einem Straflager wiederfanden, werden sie sicher an das angenehme Leben im „Walterlager“ zurückdenken.

Nachtrag : Hinter der Front, am Ilmensee, waren russische Kriegsgefangene, die sich freiwillig in die deutsche Armee eingliedern ließen, in deutschen Uniformen gegen Partisanen eingesetzt. Und mein Vater als Dolmetscher. Er kam aber heil aus dem Krieg zurück.

 

Mit den „verkleideten“ russischen Kriegsgefangenen, vorne links mein Vater.

 

  

Die Hungersnot in der Ukraine und an der Wolga hat im Jahre 1921 ein so großes Ausmaß angenommen, dass sogar Maxim Gorki einen Aufruf an die Weltöffentlichkeit richtete und um Hilfe bat. Die kam auch von verschiedener Seite. So auch von Deutschland, das selbst nach dem verlorenen Krieg große Probleme hatte (s. Foto „Brüder in Not“). Das Rote Kreuz beauftragte Fridtjof Nansen, den berühmten Polarforscher, in seiner Eigenschaft als Flüchtlingskommissar des Völkerbundes Hilfe für die Hungernden in Russland zu organisieren. Er reiste nach Russland und was er dort sah, erschütterte ihn zutiefst. Nun wollte er den Völkerbund zur Hilfe einschalten, der aber zögerte. So ergriff er persönlich die Initiative, bereiste viele Länder, hielt Vorträge und trommelte so viel Geld zusammen, dass er zu einem großen Teil zur Linderung der Hungersnot beitragen konnte. Als Beispiel seines Ideenreichtums soll an dieser Stelle ein Buch dienen, das er 1922 im Eiltempo herausbrachte und dessen Erlös ebenfalls seiner Hungerhilfe zugute kam. Er bat bekannte Persönlichkeiten verschiedener Länder, einen kurzen Beitrag für dieses Buch einzubringen. 77 aus Kunst und Kultur nahmen daran teil, darunter sechs deutsche: Hermann Hesse, Hugo von Hofmannsthal, Käthe Kollwitz, Heinrich Mann, Arthur Schnitzler, Stefan Zweig. Albert Einstein saß im Ehrenrat. In der nachfolgenden Fotogalerie sind deren Arbeiten und Texte abgebildet.

 

Ergänzend muss noch berichtet werden, dass er für seine großen Leistungen im Dienste der Menschheit und der Menschlichkeit 1922 den Friedensnobelpreis erhielt. Er hatte z.B. im Auftrag des Völkerbundes dafür gesorgt, dass über eine halbe Million Kriegsgefangene aus 22 Ländern in ihre Heimat zurückkehren konnten, er war der Initiator des sog. „Nansenpasses“, der von 52 Ländern anerkannt wurde und der unzähligen staatenlosen Flüchtlingen zu einer neuen Heimat verhalf, um nur einen Teil seiner menschenfreundlichen Taten zu beschreiben. (Auch mein Vater konnte mit dem Nansenpaß nach seiner Flucht aus Russland nach Deutschland einreisen und sich hier niederlassen).

Heute, nach achtzig Jahren, ist das Flüchtlingselend auf dieser Welt noch viel größer als damals und man kann mit Fug und Recht sagen, es ist weit und breit kein Mensch vom Format eines Nansen in Sicht.




Fotogalerie

 

Vor genau 85 Jahren fand in Russland die große Hungersnot in der Ukraine und an der Wolga statt, bei der Millionen Menschen sinnlos ihr Leben lassen mußten. Der nachstehende, im Jahre 1988 erschienene Artikel zu diesem Thema schlummerte schon lange in meiner Dokumentensammlung und ich finde, dieser traurige Jahrestag ist ein Anlaß, den nachfolgenden Text einem größeren Kreis vorzustellen. Weitere Worte erübrigen sich.

 

Ukraine Report 2003

www.ArtUkraine.com Information Service (Artuis)

Kiew Ukraine und Washington D.C.

 

Die erste selbstverschuldete Hungersnot in der Sowjetukraine 1921-1923

Von Dr. Roman Serbyn, Professor für Russische und Osteuropäische Geschichte

Universität Quebec, Montreal, Kanada

Erschienen in: The Ukrainian Weekly, Ukrainian National Association 6. November 1988 Nr. 45

 

Viel wurde in den vergangenen Jahren über die hausgemachte Hungersnot geschrieben, die in den Jahren 1932 und 1933 in der Ukraine verheerende Auswirkungen hatte und der 7 – 10 Millionen Menschen zum Opfer fielen.

 

Im Gegensatz dazu wurde die Hungersnot von 1921-1923 als erste von drei Hungersnöten, unter denen die Ukraine während der Sowjetherrschaft zu leiden hatte, weniger beachtet. Dabei wurde sie entgegen landläufiger Meinung ebenfalls nicht durch Trockenheit und damit verbundenem Getreideausfall verursacht, sondern ausschließlich durch die Politik der sowjetischen Regierung.

 

Die folgenden Seiten über die Hungersnot in der Ukraine in den Jahren 1921-1923 sind der Zeitschrift „The Ukrainian Weekly“ entnommen und stammen aus der Feder von Dr. Roman Serbyn von der Universität Quebec.

 

Zur Zeit bereitet Professor Serbyn die Herausgabe eines Albums mit einigen Hundert Fotos und eine wissenschaftliche Untersuchung über diese erste Hungersnot in der Ukraine, die nicht naturgegeben war.

Er ist zusammen mit Dr. Bohdan Krawchenko Herausgeber von „Hungersnot in der Ukraine 1931-1933“ (Edmonton: Canadian Institute of Ukraine –Studies, University of Alberta, 1986)

 

Von Dr. Roman Serbyn

 

Beschlagnahme von Getreide und dessen Export waren die eigentliche Ursache der ersten großen Hungersnot in der Sowjetukraine während der Jahre 1921-1923 und nicht Dürre und Mißernte, wie von interessierter Seite immer behauptet. Dies besagen nicht nur westliche, sondern ebenso sowjetische Dokumente.

 

Zentrum der Hungersnot waren ausgerechnet die größten Getreideanbaugebiete in der Südukraine, wo ein Drittel der Gesamtbevölkerung der Ukraine lebte. Die Hungersnot betraf sowohl die Stadt – wie auch die Landbevölkerung. Die meisten Opfer waren Ukrainer, die Minderheiten wie Deutsche, Juden und Russen waren weniger betroffen. 1,5 bis 2 Millionen Menschen erlagen dem Hunger oder in dessen Gefolge verschiedenen Epidemien.

 

Zur Rettung der Opfer und Linderung der Not hätte eine halbe Million Tonnen Getreide oder anderer Lebensmittel pro Jahr vollkommen genügt. Doch während der zwei Jahre der Hungersnot nahm die bolschewistische Regierung den ukrainischen Bauern ein Mehrfaches dieser Menge weg. Der größte Teil davon ging in den Export: Im ersten Jahr nur nach Russland, im zweiten nach Russland und in den Westen. Zusätzlich wurde die Ukraine verpflichtet, „freiwillig“ Getreide zur Linderung der Not an die Wolga zu schicken. Außerdem mußte sie zusätzlich zwei Millionen aus Russland kommende Flüchtlinge, Soldaten der Roten Armee und Verwaltungsbeamte mitversorgen.

 

Es gab während der Hungersnot viele Augenzeugen und etliche davon deuteten auch den kriminellen Hintergrund dieser Schicksalsjahre an. Aber im Laufe der Zeit und nach wenigen Generationen verblasste die Erinnerung daran und selbst nachfolgende Publikationen über die Sowjetunion und die Ukraine sagten wenig über diese nationale Katastrophe aus. Und was noch überraschender ist, selbst in der ukrainischen Gesellschaft hat sich nur noch eine vage Erinnerung an dieses Ereignis erhalten. Heute hätten die meisten Ukrainer Schwierigkeiten, zu erklären, warum diese Hungersnot ausbrach, warum sie so lange dauerte und was zu ihrer Überwindung getan wurde.

 

Hungersnot und Epidemien.

 

Das Hochkommissariat von Dr. Fridtjof Nansen mit Sitz in Genf war eine internationale Organisation für Flüchtlingshilfe und zur Bekämpfung von Hunger in der Welt (ARA). Im Auftrag dieser Organisation bereiste Captain Vidkun Quisling Anfang 1922 die Ukraine und erstellte einen der genauesten Berichte über die dort herrschende Hungersnot. Am 25. Februar berichtete Quisling nach einem Besuch im Gebiet von Saparoshje nach Genf: „Die Situation hier ist furchtbar. Die offizielle Gebietsstatistik bezeugt, dass von den 1 288 000 Einwohnern hier 900 000 ohne jegliche Nahrung sind. Diese Zahl wird sich bis Ende April um mindestens 200 000 Hungernde erhöhen. Sechzig Prozent der Verhungerten sind Kinder. Öffentliche Vorräte sind verbraucht, es können höchstens 10 000 Lebensmittelrationen pro Tag zur Verfügung gestellt werden. Zwei Tage später berichtete er: „Die Zustände in der Provinz Jekaterinoslaw sind ebenso schlecht... Zur Zeit wird geschätzt, dass 520 000 Personen ohne Nahrung sind, 200 000 davon sind Kinder. Für möglich wird gehalten, dass es bis Ende Mai 730 000 sein werden.“

 

Mitte März bemerkte er, dass „in der Provinz Nikolajew über 700 000 Personen, die Hälfte der Einwohner, ohne Nahrung sind. Hier wird geschätzt, dass sich bis Ende März die Zahl auf 800 000 erhöhen wird, bis Ende Mai sogar auf eine Million. ... 40 bis 50 Prozent der hungernden Kinder sterben. Besonders schlimm ist die Lage in Cherson und Umgebung, wo viele Dörfer ausgestorben und verlassen sind.“ Im Herbst des gleichen Jahres ist die Zahl der Einwohner der Stadt Cherson auf ein Viertel zusammengeschmolzen.

 

Der komplette Bericht von Quisling über seine Reise in die Hungergebiete mit dem Titel „ Bericht zur Lage in der Ukraine“ wurde im März 1922 geschrieben und vom Hochkommissariat in Genf im April veröffentlicht. Er beschreibt detailliert die Zustände in den fünf Provinzen, die unmittelbar von der Hungersnot betroffen sind (Odessa, Nikolajew, Jekaterinoslaw, Saparoshje und Donezk) und ebenso die nächstgelegenen Provinzen Poltawa, Krementschuk und Charkow, die auch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ein Dutzend Fotos von Opfern der Hungersnot und eine Kartenskizze von den betroffenen Gebieten vervollständigen den Bericht. Weiter beschuldigt er die Sowjetregierung, nicht rechtzeitig die Gefahr einer Hungersnot erkannt zu haben und kritisiert das Regime auch dafür, dass es danach so gut wie nichts dagegen unternommen hat. Er kommt zu dem Schluß, dass, wenn nicht sofort Hilfe kommt, die Zahl der Hungertoten bis zum Sommer auf 7 Millionen steigen könnte.

 

Durch Unterernährung geschwächt, wurde die Bevölkerung der Südukraine zusätzlich für ansteckende Krankheiten anfällig. Im Oktober 1921 brachten Flüchtlinge von der Wolga Typhus und Cholera in die Ukraine und schon einen Monat später war das ganze Land von diesen Krankheiten überzogen. Diese Epidemien hielten sich über die ganze Dauer der Hungersnot. Obwohl keine genauen Aufzeichnungen über die Zahl der mit diesen Krankheiten Infizierten vorhanden sind, wissen wir, dass deren Zahl in die Hunderttausende geht und dass die Sterblichkeit unter ihnen sehr hoch ist.

 

Die meisten Opfer des Hungers und der Epidemien waren unter den Kindern zu suchen.. Sie litten zudem noch in großem Ausmaß unter Entführungen und Kannibalismus. Eine Million Kinder waren durch Krieg und Hunger verwaist und mußten mehr oder weniger für sich selbst sorgen, weil weder staatliche noch staatlich kontrollierte Hilfsorganisationen in irgendeiner Weise für sie sorgen konnten. Diese Kinder, bekannt als „besprisolni“, bildeten während der Zwanziger Jahre ein ernstes soziales Problem. Wenn sie nicht Hungers starben oder Krankheiten erlagen, rotteten sie sich zu kriminellen Banden zusammen, um zu überleben. Elternlos wie sie waren, begannen viele umherzuwandern, belagerten die Bahnhöfe oder fuhren auf Güterzügen, immer auf der Suche nach Eßbarem und nach Unterkunft.

 

Die ukrainischen Bahnstationen waren die begehrtesten Ziele der Menschen, um dem Hunger entfliehen zu können. Die Flüchtlinge lebten wochenlang in abgestellten, ausgedienten Eisenbahnwaggons und warteten auf eine Chance, auf einem Zug einen Platz zu ergattern und wegzukommen. Mittellos wie sie waren kämpften sie täglich um einen Platz auf einem Waggondach. Im Winter erfroren viele, die auf diese Weise reisten. Als Suzanne Ferrier, stellvertretende Generalsekretärin des Internationalen Kinderhilfswerkes, im Jahre 1922 Poltawa besuchte, wurde ihr berichtet, dass hier an zwei besonders kalten Tagen über 400 erfrorene Kinder von den Zügen heruntergeholt wurden.

 

Die Sterblichkeit war so hoch während dieser Hungersnot, dass die Leichen nicht schnell genug beerdigt werden konnten. Tage und Wochen lagerte man sie in Leichenhäusern oder Friedhöfen, nicht selten ließ man sie einfach liegen, wo sie gerade umkamen. Nicht wenige wurden von hungrigen Tieren angefressen und es kam auch vor, dass sie von Menschen aus Not verzehrt wurden. Auswüchse der ukrainischen Hungersnot.

 

Gleichzeitig mit der Ukraine erlebte die „Sowjetische Föderalistische Sozialistische Republik“ eine größere Hungersnot entlang der Wolga, im Nordkaukasus und in der Krim (die im Jahre 1954 der Ukraine angegliedert wurde). Die Zustände an der Wolga erregten größere Aufmerksamkeit durch Veröffentlichung auch im Ausland und waren das Hauptthema einer Reihe von Büchern über die Geschichte „der russischen Hungersnot 1921-1922.

 

Wenn heute Historiker über die Hungersnot in den Zwanzigern schreiben, nennen sie immer zuerst die Situation an der Wolga und unterstellen, dass die Zustände im übrigen Russland und in der Ukraine nahezu identisch waren. Der Hunger in diesen Gebieten wird als naturgegebenes Ereignis dargestellt, das durch eine überdurchschnittliche Dürre und damit verbundenen Mißernte hervorgerufen wurde. Sowjethistoriker führen neben diesen schlimmen Naturereignissen noch Kriegsfolgen, Wirtschaftsblockade und Reduzierung des Getreideanbaus durch die Bauern ins Feld, während westliche Forscher den Bolschewisten Mißwirtschaft und ruinöse Wirtschaftspolitik vorwerfen. Wenn wir all diese Faktoren zusammennehmen, bekommen wir einen ungefähren Begriff der Gründe der Hungersnot speziell in Russland.

 

In den Jahren 1921 und 1922 herrschte in der Südukraine eine schreckliche Trockenheit. Die Ernte fiel um 10 bis 25 Prozent geringer aus, in manchen Gebieten fiel sie ganz aus. Trotzdem, die Ukraine als Ganzes hatte genug Vorräte, um die gesamte Bevölkerung zu ernähren. Die Ernte im Norden war gut und aus den vorhergegangenen Jahre waren noch genügend Vorräte vorhanden. Um die Krise zu bewältigen hätte es genügt, Ausfuhr von Getreide zu verhindern und dafür die Verteilung im Süden zu organisieren. Hätte die Sowjetregierung der Ukraine dies beherzigt, was jede andere Länderregierung ohne zu zögern getan hätte, dann hätte es überhaupt keine Hungersnot gegeben.

 

Die bolschewistische Verwaltung des Christian Rakowsky in Charkow (damals Hauptstadt der Ukraine bis 1934) war nicht so unabhängig wie sie vorgab zu sein und konnte somit auch nicht selbständig handeln. Bis zur Bildung der USSR im Dezember 1922 war die Sowjetukraine offiziell ein souveräner Staat, durch einen Vertrag von 1920 mit der russischen SFSR nur verbündet. Tatsächlich aber war die Ukraine durch die Kommunistische Partei mit Moskau so verbunden, daß die Kommunistische Partei der Ukraine nur ihr Ableger war und in deren Führung vorwiegend Nichtukrainer das Sagen hatten. Die Kontrolle Russlands über die Ukraine war außerdem gesichert durch die Anwesenheit der Roten Armee und der berüchtigten Tscheka, Vorläufer des NKWD und KGB. Der Allianzvertrag, der 1920 zwischen den beiden „souveränen Republiken“ geschlossen worden war, vereinigte wirtschaftliche und militärische Zuständigkeiten und stellte alle ukrainischen Ressourcen unter russiche Verfügungsgewalt. Als Ende 1921 die Hungersnot die Südukraine buchstäblich verwüstet hatte, tat die Charkower Regierung nachweislich nichts, um die Not der Bevölkerung auch nur zu lindern. Dafür aber half sie aktiv bei der Organisation von Hilfe in den russischen Hungergebieten mit.

 

Die Reaktion der Sowjetverwaltung auf die Hungersnot in Russland stand in auffälligem Gegensatz zu ihrer Tatenlosigkeit gegenüber der ukrainischen Tragödie. In der RSFSR war die Hungersnot etwas früher als in der Ukraine ausgebrochen und betraf drei Mal mehr Menschen und der Verlust an Menschenleben war am Ende doppelt so hoch. Erst versuchte die Sowjetregierung, diese Katastrophe zu vertuschen, weil sie fürchtete, ein Bekanntwerden könnte ihr als Fehler angelastet werden, dann aber startete sie ein umfangreiches Hilfsprogamm. Im Juli 1921 wurden die Hungerregionen in Russland zum Katastrophengebiet erklärt und von der Gertreideablieferung an den Staat befreit. In den Sowjetrepubliken ließ man Geld - und Lebensmittelsammlungen veranstalten und auch im Westen wurde um Hilfe nachgesucht. Doch während in den Hungergebieten an der Wolga mehrere Nationalitäten von der Hungersnot betroffen waren, konzentrierte sich die Hungerhilfe vorwiegend auf die russische Einwohnerschaft. Westliche Stellen stellten im zweiten Jahr der Hungersnot fest, dass unter dem Hunger mehrheitlich die ethnischen Minderheiten wie Deutsche, Tataren usw. zu leiden hatten.

 

Während dieser ganzen Zeit wurden in den Hungergebieten der Ukraine nicht nur Steuern weiterhin erhoben, sondern man zwang die Menschen, „freiwillige“ Hilfe für Russland zu leisten. Dieses kriminelle Verhalten der sowjetischen Regierung erstaunte westliche Beobachter.

 

„Im Januar 1922 begann die ARA mit ihrer Arbeit“ so schrieb H. H. Fisher, ein ehemaliger ARA-Mitarbeiter, „Weder die Zentralregierung in Moskau noch die in Charkow machten ernsthafte Anstalten, die Not im Süden zu lindern. Im Gegenteil, vom Sommer 1921 bis Frühjahr 1922 wurden in der Ukraine Sammlungen von Lebensmitteln zur Lieferung an die weit entfernte Wolga veranstaltet, während entlang des Schwarzen Meeres Menschen an Hunger starben.“

 

„Erst nach dem 11. Januar dieses Jahres“ so schrieb Quisling in seinem Bericht vom März 1922, „konnte die Verwaltung der Provinz Donezk ihre erzwungene Hilfe für das Wolgagebiet einstellen und sich ihrem eigenen Problem widmen, denn zu dieser Zeit war hier nahezu jeder Zehnte ohne Brot. Und noch Anfang März konnte man im vom Hunger geplagten Distrikt Nikolajew Plakate sehen mit der Aufschrift „Arbeiter von Nikolajew! Helft den Hungernden an der Wolga!“ Dabei hatte das Gebiet von Nikolajew selbst 700 000 Hungernde, annähernd die Hälfte der Bevölkerung.“

 

Erst Anfang 1922 machte die Ukrainische Regierung halbherzige Anstrengungen zur Bekämpfung der Hungersnot im eigenen Land. Unzureichende finanzielle Hilfe wurde dem sowjetisierten Roten Kreuz und der neugebildeten Pomhol (Hilfswerk zur Linderung der Hungersnot) erteilt. Diese Organisationen konnten nicht einmal 10 Prozent der hungernden Ukrainer helfen, ihre Hauptaufgabe bestand immer hauptsächlich in Hungerhilfe für Russland. Die hungernden Ukrainer mussten ihre Hilfe woanders suchen, nur nicht bei ihrer „eigenen Regierung“. Und diese Hilfe konnte nur aus dem Westen kommen.

 

Ausländische Hilfe

 

Im Juli 1921 erreichten Hilferufe den Westen und baten: „Rettet das hungernde Russland .“ Tikhon, der Patriarch der russischen orthodoxen Kirche, schrieb an den Papst und andere Kirchenoberen. Der bekannte russische Schriftsteller Maxim Gorki appellierte an westliche Kollegen. Georg Chicherin, Kommissar für Auswärtiges, sandte eine Botschaft an Staatsoberhäupter in aller Welt. Und Lenin appellierte an das Weltproletariat. Diese Aufrufe hatten Erfolg, viele Staaten, Kirchen und Hilfsorganisationen boten Lebensmittel, Medizin und Kleidung an.

 

Die umfangreichste und in ihrer Qualität die beste Hilfe war die der amerikanischen Hilfsorganisation, der Herbert Hoover, der Handelsminister der USA, vorstand. Auf dem Höhepunkt ihrer Tätigkeit im Sommer 1922 sorgte die ARA für Nahrung für 10 Millionen in de RSFSR und für 2 Millionen in der Ukraine. Ebenso stellte sie Medizin und Kleidung zur Verfügung.

 

Die Sowjetverwaltung bat den Westen um Hilfe für Russland, zögerte jedoch mit der Lieferung in die Ukraine, wenigstens am Anfang. Obwohl der Westen durch sowjetische Quellen insgeheim über die katastrophalen Zustände in der Ukraine informiert war, bestritten oder verniedlichten sowjetische Offizielle eine Hungersnot im Lande. Moskau bestand darauf, dass alle Hilfe an die Wolga gebracht wird und versicherte dem Westen, dass die Ukraine sich selbst versorgen und sogar Russland helfen könne. Um weitere finanzielle Belastungen zu vermeiden, fand es der Westen vertretbar, die Zustände in der Ukraine zu ignorieren, selbst um den Preis der Entstehung einer Hungersnot.

 

Die Lage verbesserte sich Ende des Jahres 1921, als die Amerikanische Jüdische Gemeinschaft begann, Ihren Glaubensbrüdern massive Hilfe zuteil werden zu lassen. Die Amerikanisch-Jüdische Verbindungsstelle übte Druck auf die ARA aus, um in der Ukraine Verteilungsstellen für Lebensmittelpakete der amerikanischen Juden an ihre Verwandten oder Freunde dort einzurichten. Die Verbindungsstelle Joint, wie sie allgemein genannt wurde, hatte von ukrainischen Juden alarmierende Nachrichten über die Hungersnot erhalten. Es gelang der ARA, die Sowjets zu überreden, im Dezember 1921 den Besuch einer Delegation in der Ukraine zuzulassen. Das Ergebnis dieses Besuches waren der „Hutchinson-Golder Report“ und ein Abkommen zwischen der ARA und der Sowjetukraine, das in drei Dingen zur Erweiterung der amerikanischen Hilfe in der Ukraine führte: Lebensmittel- und Kleiderpakete sowie Suppenküchen.

 

Ab Herbst 1921 konnten im Westen von Privatleuten Hilfspakete gekauft und durch Hilfsorganisationen in bestimmte Gebiete der Sowjetrepubliken geschickt werden. Die meisten dieser Pakete, von denen eines 10$ kostete und für die Versorgung für eine Person einen Monat lang ausreichend war, wurden in den USA gekauft und von der ARA in der Ukraine verteilt.

Nur eine kleine Anzahl dieser Pakete wurde von Ukrainern gekauft. Laut ARA-Aufzeichnungen zahlte Reverend Basil Kusiv aus Bloomfield, H.J. $ 200.-- zugunsten des Ukrainischen Hilfskomitees zum Ankauf von Hilfspaketen mit der Maßgabe, an folgende Institute in Kiew verteilt zu werden: an die (Schewtschenko) Wissenschaftliche Gesellschaft, an die Ukrainische Akademie der Wissenschaften. An das Ukrainische Nationaltheater, an die Medizinische Akademie und an das Ukrainische Institut für Volkserziehung (?). Drei Wochen später kaufte das Ukrainische Hilfskomitee von Newark, N.J. für $ 500.-- Lebensmittel zum Verteilen durch das Ukrainische Rotes Kreuz in Kiew. Jedoch war die Amerikanisch-Ukrainische Hilfe gänzlich unbedeutend gegenüber den Millionen Dollars, die von der Jüdischen Gemeinschaft für die ukrainischen Juden gespendet wurden.

 

Von größerer Bedeutung für die ukrainische Bevölkerung waren die Suppenküchen. Diese Massenspeisung konnte im Mai 1922 aufgenommen werden. Im Sommer dieses Jahres konnten so eine Million Kinder und ebenso viele Erwachsene versorgt werden.

Ebenso wurden durch die verschieden Religionsgemeinschaften, das Rote Kreuz und dem internationalen Kinderhilfsfonds Speisesäle unterhalten. Vertreter der amerikanischen und kanadischen Mennoniten waren besonders in den deutschen Mennonitengebieten tätig, die in der Steppe um Saparoshje hundert Jahre vorher gegründet worden waren.

 

Während die ARA für die Durchführung der amerikanischen Hungerhilfe in der Ukraine verantwortlich war, wurden die Kosten für die Suppenküchen von der Joint getragen. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die ARA den Beschluß fasste, in den Hungergebieten der Ukraine helfend einzugreifen, war ihre Tätigkeit nur auf das Wolgagebiet gerichtet. Nun bot ihr die Joint finanzielle Hilfe für die Bekämpfung des Hungers in der Ukraine an unter der Bedingung, dass die Suppenküchen vorwiegend in jüdischen Gebieten eingerichtet wurden und dass alle Hinweise auf die Herkunft der Spender in Jiddisch geschrieben werden sollen. Die ARA war höchst erfreut über dieses Angebot, bestand aber darauf, dass die Hilfe allen zugute kommen soll unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit oder ethnischen Volkszugehörigkeit. Das wurde akzeptiert und ein weites Netz von Suppenküchen wurde in der Ukraine ins Leben gerufen, die vorwiegend von Juden aufgesucht wurden, aber auch Hunderttausenden Nichtjuden zugute kamen. Ein späterer Vorschlag Hoovers, die Joint solle diese Hilfe selbst in die Hand nehmen, wurde abgelehnt.

 

 

Ukrainische Minderheit

 

„Rettet die hungernde Ukraine!“ So lautete ein dringender Aufruf in „Svoboda“ im August 1921. „Tausende unserer Landsleute sterben täglich an Hunger und schrecklichen Krankheiten“. Den im Ausland lebenden Ukrainern war es unvorstellbar, dass sich ihre Heimat, der berühmte „Brotkorb Europas oder auch Kornkammer Russlands genannt“ am Rande einer Hungersnot befinden würde. Aber es gab keine Zweifel. Am 10. August veröffentlichte die New York Times einen Bericht über Getreidemangel in Russland oder was sie unter Russland verstand. Dem Artikel war eine Karte beigefügt, die die Gebiete mit totalem Getreideausfall zeigte. Es waren darin nicht nur die mittlere und untere Wolga, Kubangebiet und die Krim, sondern auch die Gebiete um Jekaterinoslaw, Nikolajew und Saparoshje verzeichnet. Ukrainer in Westeuropa und Amerika bekamen alarmierende Briefe von ihren Angehörigen in der Ukraine.

 

Der Autor des Artikels in „Swoboda“, der nur mit den Initialen B.L. zeichnete, ermahnte die reichen Länder des Westens, der Ukraine und Russland zu helfen. Er appellierte besonders an die ukrainischen Organisationen im Ausland, an die diplomatischen Missionen der kürzlich emigrierten ukrainischen Regierungen (Großukraine und Galizien) . Er drängte die Ukrainische Orthodoxe Kirche in Konstaninopel und die Katholische Kirche in Rom um Hilfe nachzusuchen.

 

Der Svoboda Artikel forderte, dass die Hilfe für die Ukraine „direkt und nicht auf dem Umweg über Moskau“ geliefert wird und drückte die Befürchtung aus, dass die Hilfsgüter, als für die Ukraine bestimmt und gekennzeichnet, in Russland für andere Zwecke mißbraucht werden könnten. Ferner wird in dem Artikel die dringende Forderung aufgestellt, dass die Verteilung dieser Hilfsgüter nur vom Ukrainischen Roten Kreuz und ungarischen Wohlfahrtsorganisationen durchgeführt werden darf. Das war eine kategorische Weigerung, das bolschewistische Regime als die legitime Regierung der Ukraine anzuerkennen und ihr die Hilfsgüter anzuvertrauen.

 

Was uns heute auffällt, ist der Zeitpunkt und der außergewöhnliche Ernst dieser Botschaft. Schwerer ist zu verstehen, dass die ukrainische Minderheit nicht sofort auf diesen dringenden Aufruf reagierte. Die Hilfe, die von den ukrainischen Emigranten an die hungernde Ukraine geleistet wurde, kam spät und in höchst unzureichender Größenordnung. Hierfür gab es verschiedene Gründe:

 

Die meisten im Westen lebenden Ukrainer stammten aus Galizien und waren deshalb besonders mit dem Schicksal ihrer daheimgebliebenen Landsleute verbunden. Im Jahre 1918 hatte Galizien einen eigenen, unabhängigen Staat, die „Republik Westukraine“, proklamiert, strebte jedoch schon zwei Monate später einen Zusammenschluß mit der „Nationalen (Ost) Ukrainischen Republik“ an, der aber nicht zustande kam, weil Russland und Polen die Ukraine angegriffen und im Vertrag von Riga unter sich aufgeteilt hatten. Diese neuerliche politische Teilung der Ukraine bewirkte eine Teilung der Interessen der emigrierten Ukrainer, die meisten davon richteten ihr Interesse mehr auf die Geschehnisse in Galizien als auf die Probleme in der Sowjetukraine. Die Besetzung Galiziens durch Polen wurde von den Großmächten nicht sofort hingenommen, aber 1921 keimte Hoffnung auf, dass die Außenministerkonferenz in Paris zugunsten einer regionalen Autonomie wenn nicht sogar einer völligen Unabhängigkeit entscheiden würde.

 

Die kleinere und schwächere Gemeinde der emigrierten Ukrainer aus der Ostukraine vermied anfangs eine Mitwirkung an der Hungerhilfe für ihre Landsleute aus der Befürchtung heraus, in gewissem Maße mit den verhassten Kommunisten zusammenarbeiten zu müssen, die jegliche Hilfe für ihre eigenen Zwecke mißbrauchen würden. Deshalb unternahmen die Ostukrainer die größten Anstrengungen, die Bolschewiken aus dem Lande zu treiben. Sollte dies von Erfolg gekrönt sein, wäre dies die beste Voraussetzung für eine Überwindung der Hungersnot in der Ukraine. Die Hoffnung schien nicht umsonst gewesen zu sein, als Tiutiyunnik mit den Resten seiner Petliulara-Armee abzog und von einem ukrainischen Sieg gesprochen wurde.

 

Inzwischen jedoch befand sich die ukrainische Exilregierung hinsichtlich des Hungers in der Ukraine in einer zwiespältigen Situation. Ukrainische Abgesandte sprachen bei westlichen Regierungen vor und baten um militärische Hilfe gegen das Sowjetregime, gleichzeitig aber auch um Hungerhilfe für die ukrainische Bevölkerung. Im gleichen Atemzug aber bestanden sie darauf, dass diese Hilfsgüter nur durch eigene ukrainische Stellen geliefert werden sollen, wohl wissend, dass diese Forderung von den Westmächten nicht akzeptiert werden konnte.

 

Auch ukrainische religiöse, soziale und gemeinnützige Organisationen sowie Kommunalpolitiker versuchten, die Aufmerksamkeit der Westmächte auf das Unglück in der Ukraine zu lenken. Die Synode der Ukrainischen Orthodoxen Kirche unter der Leitung von Metropolit Vasil Lypkivsky veröffentlichte einen offenen Brief an die Westmächte. Beide ukrainische Rotkreuzorganisationen, die eine im Westexil, die andere in der Ukraine, aber kontrolliert von den Sowjets, richteten Vertretungen beim Roten Kreuz in Genf und beim Internationalen Kinderhilfsfond ein.

 

Metropolit Sheptisky, der Primas der katholischen Kirche in der Ukraine schrieb an Felix Warburg, dem Präsidenten des Verteilungsausschusses von Joint. Sein Vorschlag lautete, dass das Bekanntwerden einer Hilfe wohlhabender jüdischer Gemeinden zur Rettung der hungernden Ukrainer die jüdisch - ukrainischen Beziehungen verbessern helfen würde.

 

Im Mai wurde in Österreich unter der Schirmherrschaft von Professor Michail Hruschewsky und anderen bekannten Namen ein „Hilfskomitee für die hungernde Ukraine“ ins Leben gerufen, wenig später in Lemberg ein „Nationalkomitee ukrainische Hungerhilfe“. Diese Organisation hatte die Unterstützung aller Kirchen- und Gemeindevertreter in Galizien. Sie wurde geführt von Professor Julian Romatschuk

Ukrainische Zeitungen, die ich durchsehen konnte wie Svoboda und Hromadskyi Vistnyk (Lwow) enthalten lange Listen von Spendern, aber keine umfassende Liste, wie das Geld verwendet wurde. Manche Spenden waren für die damalige Zeit bedeutsam: Der Metropolit Sheptisky zum Beispiel gab 250 000.- polnische Mark. Svoboda veröffentlichte verschiedene Berichte vom Komitee des Professors Hruschewsky in Wien. Von dem Geld, das sie von Ukrainern in Amerika erhielten, schickten Hruschewsky im März und April 1921 Pakete im Wert von $ 160.-- und Dr. Surovtseva drei Pakete zu $10.- an Kiewer akademische Einrichtungen. In seinem vierten Bericht im November konnte Hruschewsky von Sendungen im Wert von einigen tausend Dollars berichten. Mir sind keine Aufzeichnungen über die genaue Höhe des von emigrierten Ukrainern gespendeten Geldes zur Linderung der Not in der Ukraine bekannt. Ich schätze, es waren nicht viel mehr als $ 100 000.-- Das war viel Geld für die junge und arme ukrainische Emigrantengemeinde, aber nicht genug, um die internationalen Hilfsorganisationen zu beeindrucken oder ernsthaft die Not in der Ukraine zu lindern. Kein Vergleich mit den 16 Millionen Dollar, die von amerikanischen Juden innerhalb weniger Monate aufgebracht worden waren und von denen 5 Millionen an die oben erwähnten Stellen verteilt wurden.

 

 

Export von ukrainischem Getreide

 

Im Sommer 1922 überraschte die sowjetische Delegation bei der Haager Wirtschaftskonferenz die Welt mit der Ankündigung, den Export von Getreide wieder aufzunehmen. Es war bis dahin bereits traurige Gewißheit, dass im Gefolge der andauernden Trockenheit der gesamte Viehbestand sich verringerte, die Anbaufläche verkleinert wurde und dadurch die Ukraine und Russland bis zur nächsten Ernte 1923 weiterhin Hilfe benötigten. Jeglicher Export von Nahrungsmitteln würde noch mehr Menschen in den Hunger treiben.

 

Aber Lenins Regierung setzte auf eine Politik der Industrialisierung und dafür brauchte sie Kapital. Dieses Kapital konnte nur auf zwei Arten und nur aus dem Westen kommen: Entweder durch Anleihen oder Getreideexport. Die Sowjets wollten über Anleihen verhandeln, aber die westlichen Länder lehnten dies ab mit der Begründung, dass die Sowjetregierung sich weigerte, alte, noch aus der Zarenzeit stammende Schulden zu begleichen. So blieb Moskau nichts anderes übrig als Getreide zu exportieren.

 

Westliche Hilfsorganisationen protestierten gegen den Getreideexport und wiesen darauf hin, dass die Sowjetrepubliken alle Lebensmittelvorräte für sich selbst benötigten und der Hunger sich nach kurzer Unterbrechung in diesem Sommer wieder fortsetzen könnte. Die Sowjets erwiderten in einer offiziellen Erklärung, der Hunger sei überwunden und es gäbe nur noch geringe Nachwehen dieser Not. Eine solche Aussage diente nur Verschleierung der Tatsache, dass der Hunger weiter bestand und gleichzeitig die Westliche Hilfe fortgesetzt werden konnte. Folglich nahmen die Sowjets ihre Exporte von ukrainischem Getreide wieder auf, während das Volk immer noch hungerte und der Westen für Hungerhilfe sorgte.

 

Im Januar 1923 wurden die Odessaer Zeugen eines bizarren Schauspiels. Im Hafen wurde das amerikanische Schiff SS Manitowac, das Hilfsgüter der ARA für die Ukraine an Bord hatte, entladen, während gleichzeitig unweit davon die SS Wladimir mit ukrainischem Getreide beladen wurde mit Bestimmungsort Hamburg.

 

Diese kriminelle Handlungsweise der Sowjetbehörden löste heftigen Protest in Teilen der Ukraine und Russlands aus. Eisenbahner, die diese Getreidelieferungen zu den Häfen von Odessa, Nikolajew und Cherson bringen sollten, streikten ebenso wie Besatzungen russischer Schiffe, die in baltischen Häfen lagen. Güterzüge, mit Getreide beladen, wurden von Bauern und Partisanenbanden in die Luft gejagt. Im April 1922 ging in Nikolajew ein Lagerhaus mit einigen 10 000 Tonnen Getreide in Flammen auf, das für den Export bestimmt war. Die kriminelle Politik der Sowjets war es, die die Bevölkerung zu solchen Verzweiflungsakten trieb.

 

Einiger Protest gegen den Verkauf ukrainischen Getreides ins Ausland kam selbst von ukrainischen Kommunisten. Auf einer Plenarsitzung des Zentralkomitees am 15. November 1922 in Moskau verurteilte Romanchuk, ein Delegierter aus Nikolajew, die Entscheidung der Partei für den Export ukrainischen Getreides ins Ausland: „Nur in Moskau, wo kein Mangel herrscht, können solche Exportpläne entstehen. Im Gebiet Cherson, einst reich und nun vom Hunger geplagt, ist es nicht nur unmöglich, über solche Dinge ernsthaft zu reden, ja es ist gefährlich, sie auch nur gegenüber Bauern oder Arbeitern zu erwähnen. ... Das Getreide kommt von Süden und muss ausgerechnet durch die Gebiete transportiert werden, wo 4 Millionen Menschen hungern und wahrscheinlich bis zum Frühjahr nicht überleben werden. .

 

Auf seiner Fahrt nach Moskau blieb ihm das viele verdorbene Getreide, das den Menschen weggenommen worden war, nicht verborgen. „Mit Tränen in den Augen sah ich Haufen von verrottetem Getreide herumliegen, bewacht von Soldaten der Roten Armee. Vollkommen überflüssig, denn dieses Getreide war nur noch als Dünger zu verwenden.“

 

„Die Landbevölkerung“ so folgerte Romantschuk weiter „fordert von ihren Delegierten, dass auch nicht nur ein Pud (36 kg.) Korn in den Export gehen darf. ... Die Arbeiter und Matrosen von Nikolajew verurteilen dies als Raub des letzten Stückchens Brot, das den hungernden Arbeitern weggenommen wird. Dies, Genossen, ist wahre Stimme des Volkes.“

 

Die Opposition, die sich innerhalb der sowjetischen Republiken gebildet hatte, hatte so wenig Erfolg, den Export von Getreide zu stoppen, wie die Proteste jenseits der Grenzen. Dessen ungeachtet wurde ukrainisches Getreide nach Deutschland, Frankreich, Finnland und andere westeuropäische Länder verkauft. “Der Bolschewist“, eine Zeitung der kommunistischen Partei in Kiew, prahlte am 28. Februar 1923, dass 16 000 Tonnen ukrainisches Getreide in Hamburg angekommen sei und eine Woche später informierte diese Zeitung seine Leser über Hungertote in Nikolajew.

 

Schlußfolgerung

 

Der Mensch und nicht die Natur war die Ursache der ersten Hungersnot in der Sowjetukraine. In dieser Hinsicht unterschied sich die ukrainische Hungersnot 1921-1922 von der gleichzeitigen Hungersnot in Russland, war jedoch ähnlich wie die in den Jahren 1932-1933. Die Hungersnot in der Ukraine war die Folge der Ausplünderungspolitik der Leninschen Regierung. Die Verantwortung liegt ausschließlich beim Sowjetischen Staat.

 

Moskaus Behandlung der Ukraine während dieser Hungerperiode ist vergleichbar mit der Bestrafung einer Kolonie durch eine Kolonialmacht. Indem die Bolschewisten der hungernden Ukraine Getreide wegnahmen, erreichten sie dreierlei: Ukrainisches Getreide half die hungernde russische Bevölkerung zu ernähren, es verhalf Russland zu harter Währung und was nicht zu unterschätzen ist, sie schwächten die ukrainische Opposition gegenüber der russischen Vormacht.

 

Die Hungersnot 1922-1923 kann als der letzte Schlag gegen die ukrainische nationale Befreiungsbewegung von 1917 gesehen werden. Das Wiederaufleben eines ukrainischen Nationalismus in der Sowjetunion der Zwanziger Jahre war lediglich kultureller Art.Der vorhergehende bewaffnete Kampf für eine ukrainische Unabhängigkeit ist Geschichte und gehört der Vergangenheit an.

 

Die Hungersnot der Jahre 1921-1923 war nur die erste von drei Tragödien dieser Art, die die Ukraine dem kommunistischen Regime zu verdanken hat.

 

Die beiden anderen fanden 1932-1933 und 1946-1947 statt. Die Ukrainische Minderheit im Ausland ist sich selbst und der Ukraine verpflichtet, diese drei Ereignisse zu erforschen, denn ohne genaue Kenntnis ihres Einflusses auf die ukrainische Nation können wir weder die heutige Sowjetukraine noch die ukrainische Minderheit verstehen. Die ersten beiden Hungersnöte sind soweit erforscht, aber ist es nicht eine Ironie, dass die dritte total vernachlässigt worden ist? Ist es nicht an der Zeit, dass durch unsere akademischen Einrichtungen endlich Forschungen angestellt werden, damit auch dieses nationale Unglück gut dokumentiert der Nachwelt erhalten bleibt.

 

Als Anwälte gegen den Mißbrauch von Lebensmitteln wie Getreide o. ä. als Waffe könnten Ukrainer einen nicht geringen Beitrag in der internationalen Politik beisteuern. Wer ist besser dazu geeignet als Ukrainer, die Welt darüber aufzuklären, wie totalitäre Systeme zur Unterdrückung ganzer Nationen zum Mittel von Getreide als Waffe und Herbeiführung von Hungersnöten greifen? Heute haben wir auffallende Parallelen zwischen der gegenwärtigen Hungersnot in Äthiopien und der damaligen Hungersnot in der Ukraine. Wie wirksamer wäre die westliche Hilfe für Äthiopien wenn der Westen die Lehren des damaligen Unglücks beherzigen würde.

 

Letztendlich sollte die ukrainische Minderheit im Ausland einen Gedenktag für den Völkermord durch Hunger einführen. Dies könnte bei der nächsten, der fünften Versammlung des Weltkongresses freier Ukrainer geschehen. Jedes Jahr an demselben Tag sollte die ukrainische Minderheit des Völkermordes an ihrem Volk gedenken und so die Welt daran erinnern, was damals in der Ukraine geschah kann heute immer noch und überall passieren.

 

Übersetzt aus dem Amerikanischen von Gerhard Walter

Historischer Forschungsverein der Deutschen aus Russland e. V.

 

 

UKRAINE REPORT 2003

www.ArtUkraine.com Information Service (ARTUIS)

Kyiv, Ukraine and Washington, D.C.

Monday, August 11, 2003

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THE FIRST MAN-MADE FAMINE IN SOVIET UKRAINE 1921-1923

 

By Dr. Roman Serbyn, Professor of Russian and East European History

University of Quebec, Montreal, Canada

The Ukrainian Weekly, Ukrainian National Association

November 6, 1988, No. 45, Vol. LVI

Quisling: Später in den Jahren 1931 - 1933 norwegischer Kriegsminister, gründete 1933 eine faschistische Partei „Nasjonal Samling“ und unterstützte Hitler. Im II. Weltkrieg warnte er Hitler vor einer Besetzung norwegischer Häfen durch England, so dass Hitler diesem Plan der Engländer im April 1940 mit der Besetzung Norwegens zuvorkommen konnte. Quisling wurde 1945 zum Tode verurteilt. (Brockhaus Enzyklopädie)

 

 

 

 

Hier die angekündigte Fotoreportage vom 29. Bundestreffen in Wiesbaden

 

Ich finde, es war ein gelungenes Fest. Die Besucher in Festlaune. Die Hallen, von der Größe her der leider geringer gewordenen Besucherzahl angepaßt. Die Organisation hervorragend. Ein besonderes Lob gilt den vielen Helfern und ganz besonders dem Oberhelfer Rack, der überall anzutreffen war und es grenzt an ein Wunder, dass er sich nicht selbst begegnete. Wenn ich dies alles zu positiv sehen sollte, Kritik und Verbesserungsvorschläge nimmt der Vorstand bestimmt gern entgegen.

29 Bundestreffen

Fotogalerie

Ich habe noch Verwandtschaft in Kiew.

Von ihnen erhielt ich per e-mail diese Fotos von dem deutschen Soldatenfriedhof in Kiew, gestiftet und errichtet Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.

 

Soldatenfriedhof in Kiew

Fotogalerie

 

 

 © 2006 Gerhard Walter